Ein dutzend abenteuerlustige Pios trafen sich am Samstag, dem 07. Februar auf dem Seeplatz. Ein Igluweekend stand auf der Agenda und so kamen die jungen Herren und Herrinnen mit einem Rucksack, der jedem So-La alle Ehre gemacht hätte. Versprach doch die Nacht kalt zu werden, in solch einem unbeheiztem Iglu, und gebot die Packliste nicht nur zwei Mätteli und zwei Schlafsäcke, sondern gleich alles doppelt mitzunehmen.
Manch einer schaute noch etwas verschlafen aus der Wäsche, hatte doch der Stundenzeiger die Acht noch nicht überschritten, doch schnell wurde die Gruppe wacher. Nicht wegen eines lauten Antretens, sondern wegen eines riesigen Berges voller Material, welches wir Leiter an den Bahnhof gekarrt hatten.
Blachen stapelten sich über Wolldecken, Schaufeln und Sägen. Und garniert wurde der Haufen mit Fonduepackungen, Farmerstengel und viel Milch. Ja, man hätte meinen können, wir hätten eine volle Kuh geschlachtet.
Es galt jenen beschriebenen Haufen in die Rucksäcke der Pios zu verteilen. Und das innerhalb von wenigen Minuten, denn der Lokführer begann bereits die Kohle in den Ofen zu werfen. Schnell stellte sich der Zeitplan als Zeitungeplant heraus, also schossen wir den Haufen kurzerhand in den Zug, warfen unsere halb gepackten Rucksäcke obendrauf und setzten uns erschöpft auf die Sitze. Ja, streng war es gewesen das Igluweekend.
Ahh, ist ja noch gar nicht fertig… Die SOB fuhr also los Richtung Einsiedeln und wir brauchten die Zeit um das Material doch noch in die Rucksäcke zu würgen. Vielleicht hatten wir Leiter es mit dem Material etwas übertrieben. Doch die Nacht versprach kalt zu werden, schliesslich übernachteten wir – wie bereits einmal erwähnt – in einem Iglu. Theoretisch zumindest.
Zug und Bus sei Dank schafften wir es bis ins Brunni. Vielleicht auch bis nach Brunni? Dort hatten wir endlich Zeit für ein Antreten. Wir gingen die Strasse zurück – wie konnte man auch wissen, dass der Schneeschuhweg nicht bei der Endstation sondern bereits bei einer Station vorher begann – und schnallten unsere Schneehschuhe an die Füsse.
Ja und endlich konnte es losgehen. So manch einer stand das erste Mal auf diesen überdimensionalen Metallkonstruktionen und watete einer Ente gleich die ersten Biegungen hinauf. Schnell verliess die Schneeschuhroute den normalen Weg und führte schnurgerade den Hügel hinauf. Es wurde immer steiler und steiler und trotz der Steilheit – äh Steigung frassen sich unsere Schneeschuhe mühelos in den Schnee. Und die Rucksäcke frassen sich in unsere Schultern. Mann und meinegüte, war das streng! Ich kann mich an nichts vergleichbar Anstrengendes erinnern. Meter für Meter kämpften wir uns die tief verschneite Winterlandschaft hoch.
Was eigentlich eine Stunde beschildert war, dauerte auch nach zwei Stunden noch an. Die Übeltäter waren schnell ausgemacht. Die Überdimensionalen Rucksäcke, welche wie Kamelbuckel bei jedem Schritt hin und her wankten und die Wolldecken und Blachen, welche daran wie Christbaumkugeln befestigt waren.
Neben uns hüpften grau melierte Senioren wie junge Gazellen mit ihren sportlichen Wanderrucksäcklein den Berg hinauf und ermunterten uns jedes mal aufs neue, in dem sie fröhlich verkündeten, es sei ja nur noch etwa eine halbe Stunde! Ja, danke.
Hierzu noch anzumerken, dass Riddim und ich die Letzten waren und der grösste Teil unserer Pios den Gipfel schon längst erklommen hatten. Meinerseits ein bleibendes Erlebnis und ein klarer Hinweis wieder mehr Sport zu treiben.
Trotz der Anstrengung blieb uns die märchenhafte, tief verschneite Winterlandschaft nicht ganz verborgen und als dann die Sonne das erste Mal den Nebel durchstach und alles glitzerte kam Riddim gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus. Und das ist jedes Mal aufs Neue äusserst amüsant.
Schlussendlich erreichten wir die Furggelenhütte, auf 1500 Meter über Meer. Der Nebel wollte noch nicht so recht verschwinden, doch es konnte sich nur noch um Minuten handeln. Wir assen unseren Zmittag und begannen mit dem Bau der Iglus.
Erst hiess es, eine halbe Stunde im Kreis zu gehen, bis der Pulverschnee zu einer festen Decke verdichtet war. Dann hiess es, eine halbe Stunde zu warten, bis sich diese Decke auch richtig gesetzt hatte.
Und nun geschah es. Der Nebel sank um einige Meter und eröffnete uns wunderbare Ausblicke auf die umliegende Bergwelt. Der Mythen stach wie ein kleines Matterhorn aus dem Nebelmeer und die Sonne liess die eisige Kälte schmelzen.
Wir tranken eine heisse Tasse Punsch, setzten unsere Sonnenbrillen auf und trugen vorbildlich Sonnencreme auf. In diesen 10 Minuten entstanden übrigens auch die meisten der hier gezeigten Bilder. Denn als wir von der faszinierenden Wellenbewegung des Nebels sprachen, kam er zurück und wollte auch nie wieder gehen. Dies wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht und so bauten wir bis tief in den Abend im dichten Nebel, mit unseren Sonnenbrillen an unseren Iglus. Irgendwann wurde es uns zu dumm und zu dunkel und so legten wir schweren Herzens die Sonnenbrillen zur Seite und bauten eben ohne Sonne dafür in umso bitterer Kälte weiter.
Mit jeder Minute sank das Thermometer auf viele Grade unter Null – es versprach eine der kältesten Nächte des Winters zu werden- und doch hatten wir mit jeder Minuten wärmer. Aus der anfänglichen lockeren Iglubaustimmung – hier wieder ein Schneeklotz, oh jetzt ist er zerbrochen, egal… – wurde je dünkler es wurde eine sehr geschäftige Iglubaustelle.
Begeistert und hoch motiviert bauten die Pios für viele Stunden an den fünf Iglus. Diese Dinger mussten fertig werden. Schliesslich wollten wir darin schlafen. Doch als wir nur noch mit unseren Taschenlampen bauen konnten, mussten wir die ersten Iglus aufgeben. Wir hatten mit einem zu grossen Durchmesser zu bauen begonnen. Die Wände standen zu weit voneinander entfernt und brachen unter ihrer eigenen Last zusammen.
Wir beschlossen zwei Iglus aufzugeben und dafür alle Ressourcen in die übrigen Drei zu stecken. Niemand war deswegen demotiviert – im Gegenteil. Umso verbissener wurden von überall her Schneeblöcke gebracht, welche von den Baumeistern in Akkord verbaut wurden. Immer mehr zeichnete sich ab, dass auch diese drei Iglus nicht mehr zu retten waren. Immer verzweifelter wurden die Ideen. In einem Iglu bauten wir doch tatsächlich in der Mitte eine Mannshohe Stützmauer, welche das Dach halten sollte. Eine Gute Idee. Hätte man Beton oder Holz zur Verfügung gehabt.
Am Schluss standen alle um ein letztes Iglu. Dieses musste einfach zu retten sein! Dies gebot nur schon die Ehre. Was wären wir denn, ohne ein einziges Iglu? Die Pios der Pfadi WRA, ohne Iglu im Igluweekend? Undenkbar. Mit vereinten Kräften kam das Wunder, respektive das Iglu dann doch noch zustande. Und darüber waren alle dermassen froh, dass niemand mehr an die restlichen vier traurigen Igluruinen dachte und wir die Furggelenhütte enterten.
Erst als wir uns aus den festgefrorenen Kleiderschichten schälten und erschöpft auf der Bank platz nahmen, wurde uns bewusst, wie kalt es draussen wirklich gewesen war. So assen wir gemütlich ein heisses Fondue und spielten Werwölfle. Mit den Hüttenwarten war es natürlich vorgängig abgesprochen, dass wir die Hütte im Notfall benutzen durften. Trotzdem muss hier erwähnt werden, dass sie uns nicht nur einfach herein liessen, sondern uns herzlich Willkommen hiessen. Vier konnten schliesslich im Iglu übernachten und die Restlichen fanden in den Zimmern der Furggenelhütte ihr Nachtlager. Und sind wir ehrlich. Als wir auf dem Mätteli im Schlafsack lagen, war niemand so wirklich traurig, nicht noch einmal in diese kalte Nacht hinausgehen zu müssen. Auch wenn wohl alle an die vier tapferen Krieger dachten die nun dort draussen lagen. Wie es wohl war, in so einem Iglu zu übernachten?
Die Antwort auf diese Frage konnten in jenem Igluweekend nur vier Leute geben, doch gemäss ihrem Bericht hatten sie es wärmer als die Leute in der Furggelenhütte. Vielleicht ergibt sich für die Restlichen ein anderes Mal die Gelegenheit, diese Erfahrung selbst zu machen. So kehrten wir nach Wädenswil zurück, sahen die traurigen Schneehäufchen am Strassenrand und fragten uns, „waren wir tatsächlich nur eine Nacht fortgewesen?“
Orion